Mit unserer Aktion#keinemehr wollen wir den mindestens 135 Frauen,die 2019 getötet wurden, ein Gesicht geben und deutlich machen: Wir haben euch nicht vergessen!
Hier mitten unter uns wird jeden zweiten bis dritten Tag eine Frau vom Partner oder Ex-Partner getötet, d.h. vielleicht Montag eine, eine weitere am Donnerstag und noch eine am Sonntag – jede Woche!Im letzten Jahr waren es mindestens 135 Frauen.
Jede dritte Frau wird einmal in ihrem Leben Opfer von körperlicher und oder sexueller Gewalt und die Hälfte aller Frauen hat bereits Erfahrung mit sexueller Belästigung. Die Opferzahlen im Bereich häuslicher Gewalt steigen seit Jahren. Es ist aber nur die sichtbare Spitze. Wir wissen nicht, wie viele Frauen tatsächliche betroffen sind. Die Dunkelziffer ist extrem hoch.
Schaue ich mich hier um bin ich sicher: auch hier stehen Frauen, die dies erleben.
Die schiere Wucht dieser Zahlen sagt: Das ist kein Privatproblem. Und doch behandelt die Gesellschaft Gewalt gegen Frauen noch immer so, als wäre sie eine Privatsache. Als wäre sie etwas, was hinter verschlossene Türen gehört, nur weil sie meist hinter verschlossenen Türen stattfindet.
Es gibt keine Rechte der Ehemänner auf ihre Frauen und es gibt auch kein Selbstverschulden der Frauen durch Kleidung oder Auftreten, wenn ihnen Gewalt wiederfährt. Bis Ende der 90 Jahre war Vergewaltigung in der Ehe in Deutschland nicht strafbar. Ein Trauschein wirkte wie ein Freibrief. Das Gesetz, das Vergewaltigungen in der Ehe zur Straftat machte, trat erst am 1. Juli 1997 in Kraft, vor 20 Jahren; im Bundestag angenommen mit 470 zu 138 Stimmen bei 35 Enthaltungen.
(aus den Reihen der 138 die mit nein gestimmt waren, stammt auch der jetzige Bewerber für den Vorsitz der CDU Deutschland, Friedrich Merz., der aktuell massiv gegen eine Frauenquote in seiner Partei eintritt).
Frauenhäuser können nicht nur Gewalt verhindern, sie retten oft Leben. Sie ermöglichen Betroffenen – Frauen wie Kindern – die Chance auf einen Neuanfang, einen Ausweg aus der oft jahrelangen Gewaltspirale und eine Rückkehr in ein normales Leben.
Deutschlands Frauenhäuser sind voll,überlastet, seit Jahren schon. Die Folge: Tausende schutzsuchende Frauen finden keinen Platz, wenn sie ihn am dringendsten benötigen. Ein Zustand, der im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein kann. Platzmangel ist lebensgefährlich
Knapp 7000 Plätze in Frauenhäusern gibt es in ganz Deutschland – das Angebot müsste eigentlich verdreifacht werden. Wir fordern: Mehr Frauenhäuser, besser finanziert
Das Problem, dass nicht alle schutzbedürftigen Frauen einen Platz im Frauenhaus bekommen, ließe sich lösen. Eine Konvention des Europarats, die sogenannte Istanbul Konvention, die auch Deutschland nun endlich ratifiziert hat, fordert viel mehr Frauenhausplätze. Momentan gibt es 6.800 Plätze. Die Konvention empfiehlt aber 21.400 Plätze, also 2,5 pro 10.000 Einwohner. Das heißt, es fehlen rund 14.600 Plätze.
Gäbe es diese Anzahl an Plätzen, ist davon auszugehen, dass in jedem Frauenhaus immer ein freier Platz zur Verfügung steht.
Deshalb fordern die Autonomen Frauenhäuser seit vielen Jahren eine bedarfsgerechte, verlässliche und einzelfallunabhängige Frauenhausfinanzierung auf gesetzlicher Grundlage.
Ein starkes Hilfesystem ist elementar, um schutzbedürftigen Frauen und – ganz wichtig – auch deren Kindern Halt und Schutz zu bieten.
Solch ein Hilfesystem braucht eine starke und verlässliche Finanzierung. Ich möchte hier unterstreichen: Im Sinne aller schutzsuchenden Frauen muss eine sichere Finanzierung der Frauenhäuser gewährleistet sein, unabhängig von Einkommen, Aufenthaltsstatus oder Herkunftsort.
Um Gewalt gegen Frauen zu verhindern, braucht es politische und gesellschaftliche Verantwortung. Die Debatte darf sich nicht auf die weibliche Opferrolle fixieren, darf den Handlungsbedarf nicht allein auf Seiten der Frau suchen. Eine Veränderung beginnt mit der Anerkennung der Tatsache, dass es sich hier um ein Problem handelt, das alle angeht. Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache
Pressefoto Münstersche Zeitung vom 09.03.2020 Foto: Oliver Werner